Ein häufig vorgebrachter Einwand zielt auf die Frage der Finanzierung. Wie können wir angesichts leerer Kassen ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzieren? Können wir uns ein Grundeinkommen überhaupt leisten?
Ein Grundeinkommen eröffnet andere Entscheidungsmöglichkeiten für den Einzelnen als heute. Damit verändern sich im Vergleich auch die Rahmenbedingungen der Werterzeugung in unserem Gemeinwesen, weswegen es besonders schwierig ist, die volkswirtschaftlichen Konsequenzen der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens hypothetisch auszubuchstabieren. Welche Folgen es haben wird, hängt wesentlich davon ab, ob und wie die Bürger die Freiheit, die das Grundeinkommen bietet, nutzen.
Zunächst müßten wir uns darüber verständigen, wie hoch ein Grundeinkommen sein soll, weil wir erst dann kalkulieren können, wie hoch die Kosten sind, die im Bundeshaushalt dafür in Anschlag gebracht werden müßten. Wir können natürlich Berechnungen vornehmen, in denen Höhe und Ausgestaltung eines Grundeinkommens hypothetisch festgelegt werden. Allerdings stößt man dann auf eine weitere Einschränkung: Unter der Bedingung eines Grundeinkommens wird sich die Wertschöpfungsleistung Deutschlands stark verändern. Dem zugrunde liegen sowohl Veränderungen der Produktivität – hier gehen wir von einer Steigerung aus wegen des Abbaus von hemmenden Wirkungen auf Innovationen – sowie Veränderungen im Arbeitsangebotsverhalten und in der Arbeitsnachfrage. Dies hat Folgen für die Höhe der Einkommen aus Erwerbsarbeit und damit für eine der zentralen Quellen von Steuereinnahmen in der Gegenwart. Das Ausmaß dieser Veränderung kann nur vermutet werden. Hinzu kommen Veränderungen im Preisgefüge, in der Kaufkraft und in vielen anderen Bereichen, die wir noch gar nicht überblicken können. Aufgrund der sich verändernden Lebenseinstellungen und -ziele werden bestimmte Produkte nicht mehr, andere hingegen stärker nachgefragt. Bestimmte Dienstleistungen werden möglicherweise überflüssig, weil sie automatisiert werden können. Andere Dienstleistungen könnten aber auch teurer werden, weil sie eine neue Wertschätzung erfahren, so etwa im Pflegebereich, und weil Arbeitnehmer durch das Grundeinkommen Verhandlungsmacht hätten. Und schließlich könnte eine Nachfrage nach neuen bzw. bisher „schwarz“ angebotenen Dienstleistungen entstehen, weil diese aufgrund sinkender Nebenkosten und einer Legalisierung geringfügig entlohnter Leistungen attraktiver würden.
Trotz dieser Schwierigkeiten und einer beschränkten Aussagekraft muß der politischen Entscheidung natürlich eine möglichst gute Berechnung von finanziellen Szenarien vorausgehen. Wir haben begonnen, uns dieser Aufgabe zuzuwenden, können aber den einschlägigen Experten, die hier aufgefordert sind, nicht vorgreifen. Immerhin ergibt sich aus Berechnungen von Helmut Pelzer und Ute Fischer, die auf der Basis von jüngeren Zahlen vorgenommen wurden, daß die deutsche Volkswirtschaft unter Beibehaltung des status quo durchaus in der Lage wäre, ein angemessenes Grundeinkommen zu tragen.